Wir diskutieren den Freeride-Boom mit dem Profi

Wer tiefer in den Skibereich eintaucht, sich online in Ski-Foren bewegt und die Titel der Skimagazine betrachtet, kann zu der Erkenntnis kommen, dass das klassische Skifahren auf der Piste überholt ist.

Wie wird man Freeride-Skiprofi, Action-Foto-Model und Betreiber einer Freerideschule, der snowacademy?
Wenn du das so sagst, hört sich mein beruflicher Werdegang irgendwie nicht so seriös an. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich tatsächlich auch Diplom-Geograph mit einem Magister in Sportwissenschaften bin (lacht). Aber mal im Ernst: Skifahren hat mich schon immer fasziniert. Schon als Bub bin ich gefahren, bis die Lifte schlossen und danach bin ich eben den Berg hinaufgelaufen, um noch eine Abfahrt machen zu können. Später habe ich dann die Skilehrerlaufbahn eingeschlagen bis zum staatlich geprüften Skilehrer.

Skilehrer hört sich aber noch deutlich pistenlastiger an?
Wenn man vom Ski-Virus befallen ist, möchte man auch nicht immer das Gleiche machen. Die einen fahren Rennen und mich hat´s neben die Pisten ins Gelände gezogen. Später im Geographie-Studium habe ich beides miteinander kombinieren können und wissenschaftlich zu Schneebeschaffenheit und Lawinen gearbeitet.

Das scheint mir auch sinnvoll, da man ja jedes Jahr von Lawinentoten hört?
Aus eigener Erfahrung und auch aus meiner beruflichen Vergangenheit kann ich sagen, dass die größten Gefahren die sind, die man nicht kennt und folglich nicht einschätzen kann. Deshalb liegt in meiner snowacademy auch ein deutlicher Schwerpunkt auf dem Thema Sicherheit. Im Zweifel gilt immer, die Abfahrt nicht zu machen, bevor man sich und andere in Gefahr bringt.

Du machst aber noch mehr als nur die snowacademy?
Ich bin relativ viel für Werbeaufnahmen unterwegs. Im Sommer beispielsweise in Neuseeland und auch sonst überall auf der Welt, wo gerade Schnee liegt.

Werden wir in fünf Jahren jetzt alle Tiefschnee fahren (müssen), weil die breiten Ski das leichter machen?
Natürlich nicht. Die allermeisten werden wie immer auf der Piste unterwegs sein. Es gab in der Vergangenheit einen kleinen Kreis Skifahrer, die in der Lage waren, abseits der Pisten zu fahren. Durch die Änderungen in der Skikonstruktion ist das Erlebnis jetzt einer deutlich größeren Gruppe zugänglich, was derzeit zu einem Boom führt, den ich als Unternehmer im diesem Bereich sehr begrüße. Aber es ist vielleicht die Natur der Sache, dass über einen Boom mehr berichtet wird als über die Millionen Skifahrer auf der Piste, die das schon seit Jahrzehnten betreiben. Ich fahre aber selbst auch gerne mal auf der Piste.

Ich vermute, wenn ich dich jetzt nach deinem persönlichen Saison-Highlight frage, kommen Salomon-Produkte?
Ja, ich bin gekauft (lacht). Aber unter uns, es gibt da meiner Meinung nach zwei echt geniale Produkte für die Piste, die mir ein fettes Grinsen auf´s Gesicht gezaubert hätten, auch wenn ich einen anderen Sponsor hätte. Für mich heißen die aktuellen „Geheimtipps“ X-Max. Gibt es als Skischuh und als Ski. Und beides ist der Knaller für sportliche Pistenskifahrer. Nehmen wir zum Beispiel den X-Max 120 Skischuh. Salomon hat bereits vor über 20 Jahren angefangen, verformbare Innenschuhe zu bauen. Das hat damals schon zu einem deutlichen Gewinn an Komfort geführt, aber noch keine Probleme wie drückende Knöchel gelöst. Vor vier Jahren gab es dann das Custom Shell 360, also eine verformbare Schale des Skischuhs in einer rennsportlich orientierten Skischuhlinie. Jetzt hat Salomon diese Technologien in der komfortorientierten Produktreihe X-Pro und darüber, etwas schmaler und sportlicher, in der X-Max-Reihe zusammengefügt.

Und was kann zum Beispiel ein weniger ambitionierter Skifahrer von dieser Technologie erwarten?
Bei dieser Technik ist nicht nur der Innenschuh thermisch verformbar, wie bei bereits bekannten Verfahren, sondern auch die Schale (das Shell) passt sich nach Erhitzen dem Fuß an. 360° Grad, also rundherum wird der Schuh dem Fuß angepasst. Das sorgt für maximale Kontrolle des Skis, was aus meiner Sicht als Profi das A und O des Skifahrens ist. An vielen kritischen Stellen hat man das Material jetzt auch noch vorgeformt, was schon beim ersten Einstieg vor dem Anpassen erahnen lässt, wie der Schuh hinterher sitzen wird. Perfekt an die individuelle Fußform angepasst ist der Schuh in erster Linie einmal bequem. Die Schale und der Innenschuh schmiegen sich an den Fuß. Man braucht eigentlich nur einen Ofen dazu.

Und der X-Max Ski?
Das sind eigentlich viele verschiedene Ski unter einem Namen, weil er je nach Länge einen anderen Charakter mitbringt. Wenn man ihn sehr kurz fährt, hat man einen reinrassigen Slalomski, der durch eine unglaubliche Dynamik besticht. In den mittleren Längen wandelt er sich er sich dann vom Slalom- zum Racecarver.

Dann kann man dem Ski doch gleich verschiedene Modellbezeichnungen geben?
Ich denke, man kann davon ausgehen, dass der Kunde, der einen eher langen Ski kauft, keinen Slalomski, sondern etwas für mittlere bis lange Radien haben möchte und wer den Ski kurz kauft, will auch keinen Racecarver, sondern etwas sehr Agiles haben. Also hat man doch über die Länge des Modells den Ski den Kundenwünschen exakt angepasst. Was aber alle gemeinsam haben, ist die grundlegende Philosophie und Bauweise, z. B. eine doppelte Titanalschicht hinter der Bindung, die Dampf auf der Piste macht und die Stabilität erhöht. Da flattert nichts, weil eine Carbon-Einlage die Vibrationen filtert, aber bei aller Sportlichkeit noch Fehler und technische Ungenauigkeiten verzeiht.

Also ein Ski für Profis wie dich?
Ja und nein. Mir macht der unglaublich Spaß, deshalb ein Ski für den Profi. Aber das Ding ist kein reiner Rennski, weil er zum Beispiel durch die Art des Rockers und durch einen speziellen Sidecut am Skiende nicht zu aggressiv ist. Also auch ein Ski für etwas weniger schnelle Fahrer. Kein Ski für Anfänger, aber der routinierte bis sportliche Fahrer, der nicht der Erste am Lift sein muss, ist mit diesem Ski sicher sehr glücklich. Das ist die Philosophie des Produktes. Der Ski kann eine Menge, ohne dabei ins Extrem zu gehen.

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